572 Ermittlungen wegen Geldwäsche

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27.000 Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft Rottweil im abgelaufenen Jahr zu bearbeiten. Doch trotz dieser hohen Zahl: Im Mittelpunkt des Jahrespressegesprächs stand der Abschied vom Pressesprecher, dem Ersten Staatsanwalt Frank Grundke.

Rottweil – Ihm widmete seine Behördenleiterin, die Leitende Oberstaatsanwältin Sabine Mayländer, den ersten Teil des Gesprächs. „Er flüchtet – in den Ruhestand“, scherzte sie. 26 Jahre lang, nämlich seit Januar 1999, habe Grundke diese Funktion ausgefüllt, er sei somit eine Art „Urgestein“ des Rottweiler Dienstbezirks. Hier sei er aber schon länger: Bereits im April 1990 habe er hier begonnen, damals als Rechtsreferendar im Landgerichtsbezirk Rottweil. 1993wurde er hier Assessor bei der Staatsanwaltschaft, dann Zivilrichter in Oberndorf, 1994 schließlich Staatsanwalt in Rottweil. Nach einer Abordnung zur Generalstaatsanwaltschaft in Stuttgart, der vorgesetzten Behörde der Rottweiler, wurde er zum Ersten Staatsanwalt ernannt.

Mit dem Fahrrad aufs Klippeneck

Die Tätigkeit als Pressesprecher, so lobte Mayländer, komme zur staatsanwaltlichen Tätigkeit obenauf. Zu seinem Aufgabenbereich hätten auch die Wirtschaftskriminalität gehört sowie Sexualstraftaten, aber auch Luftverkehrssachen. Mayländer berichtete, dass Grundke nach einem Flugzeug-Unfall mit dem Fahrrad aufs Klippeneck gefahren ist, um dort zu ermitteln.

Der Nachfolger

Sein Nachfolger als Pressesprecher wird Oberstaatsanwalt Markus Wagner. Der 46-Jährige ist in Rottweils Justiz kein Unbekannter: Von März 2011 bis November 2015 war er bei der Rottweiler Staatsanwaltschaft tätig. Nach fünf Jahren beim hiesigen Amtsgericht war er wieder Staatsanwalt in Rottweil. Von Ende 2020 bis Anfang 2022 war er bei der Generalstaatsanwaltschaft in Stuttgart, anschließend Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft Tübingen. Seit 15. April ist er nun Leiter der Ermittlungsabteilung II in der Staatsanwaltschaft, die vor allem für Verfahren aus dem Kreis Freudenstadt zuständig ist. Sein Vorgänger, Oberstaatsanwalt Dr. Krausbeck, ist seit März Vizepräsident des Landgerichts Rottweil.

Über 27.000 Verfahren

27.123 neue Ermittlungsverfahren sind im Jahr 2024 bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Das sind rund 550 weniger als im Vorjahr, wie Mayländer berichtete. Zurückzuführen ist das vor allem auf die teilweise Freigabe von Cannabis: Bei den „einfachen Betäubungsmittelverstößen“ waren es noch 561 Verfahren, nach 1044 im Vorjahr. Allerdings, so führte Mayländer aus: Die Übergangsregelung habe der Vollstreckungsabteilung zusätzliche Arbeit eingebracht. Strafen, die zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht vollstreckt waren, mussten getilgt werden. Die Abteilung musste daher rund 700 Akten „händisch“ durchsehen, ob die Strafe schon vollstreckt wurde. Wer schon bezahlt hatte, hat Pech gehabt, wer sich davor gedrückt hat, kommt nun straffrei davon. Was Mayländer deutlich kritisierte.

Beschäftigt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung auch mit Anträgen auf Löschung der Taten im Strafregister. Mayländer wies allerdings darauf hin, dass dies ausschließlich Verurteilungen wegen Cannabis betreffe, nicht aber wegen anderer verbotener Rauschgifte.

10.000 unbekannte Täter

Von den 27.123 Ermittlungen waren fast 16.000 gegen bekannte Täter (Js-Verfahren), etwas über 10.000 gegen unbekannte. Zusätzlich war die Staatsanwaltschaft mit 1200 Ordnungswidrigkeitenverfahren (OWi) beschäftigt, darunter 1076 Verkehrssachen. Die OWi kommen nur dann zur Staatsanwaltschaft, wenn der Betroffene Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegt.

Von den Js-Verfahren wurden 5754 eingestellt, weil kein hinreichender Tatverdacht bestand. 873 wurde wegen Geringfügigkeit, 390 gegen Auflagen eingestellt. 807 Anzeige-Erstatter wurden auf den Privatklageweg verwiesen – das betrifft einige leichtere Vergehen, darunter Beleidigung, Hausfriedensbruch oder einfache Körperverletzungen. 2369 Mal wurde beim zuständigen Amtsgericht ein Strafbefehl beantragt. 1173 Ermittlungsverfahren mündeten in einer Anklage vor Amts- oder Landgericht. Das sind fast so viele wie im Vorjahr. Die Anklagen bei Schöffen- und Jugendschöffengerichten sind von 214 auf 183 zurückgegangen – allerdings wurden 37 Anklagen zum Landgericht erhoben, das sind solche mit schwerwiegenden Vorwürfen. Ein Jahr zuvor waren es noch 25 gewesen. Hier gab es Lob von Mayländer an die Kollegen vom Landgericht: „Die lehnen sich nicht zurück und jaulen“, sondern arbeiten die Verfahren ab.

Was auch die Staatsanwaltschaft macht: Der Bestand an unerledigten Fällen sei um 3,5 Prozent zurückgegangen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit liege bei 54 Tagen.

Zugenommen hat die Zahl der angezeigten Diebstähle (um 16 Prozent), Körperverletzungen  (um zwölf Prozent), Sexualdelikte (acht Prozent) und Verbreitung pornografischer Schriften (20 Prozent). Wenig geändert hat sich die Zahl der (auch weiter strafbaren) schweren Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (69 gegenüber 72). 572 Verfahren gab es wegen Geldwäsche, nur fünf weniger als 2023.

Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Rottweil ist für die Landkreise Rottweil, Freudenstadt und Tuttlingen zuständig. Sie hat 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zur Drittel davon Frauen: 23 Staatsanwältinnen und –anwälte, ein Oberamtsanwalt, vier Rechtspfleger und –innen sowie 27 Personen in den Service-Einheiten.




Wolf-Dieter Bojus

... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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